Hier sind schüttelnde Hände zu sehen. Im Hintergrund steht ein Notebook.

Inhaltsverzeichnis

Teilen

Recruiter*innen müssen sich im Jahr 2022 auf mehrere Veränderungen einstellen. Die Coronapandemie durchdringt alle Lebensbereiche, die Arbeitsmodelle ändern sich dadurch gravierend – Stichwort Homeoffice. Insgesamt wandelt sich der Arbeitsmarkt sehr stark, was Auswirkungen auf die Stellensuche von Arbeitnehmer*innen und auf das Recruiting hat. Das Personalmanagement muss diese Veränderungen erkennen und flexibel darauf reagieren. Wir zeigen hier die wichtigsten Recruitingtrends 2022 wie etwa den Fokus auf das Employer Branding und die Zunahme von automatisierten Bewerbungsprozessen.

Trend 1: Wandel vom Arbeitgeber- zum Bewerbermarkt

Dieser Trend hat nichts mit Corona, dem Ukraine-Krieg, der Inflation oder sonstigen aktuellen Krisen zu tun. Er ist vielmehr dem Wirtschaftsboom der Jahre ab 2010 geschuldet: Die Unternehmen produzieren so viel und erfolgreich bei ständig wachsender Nachfrage, dass ihnen die Arbeitskräfte ausgehen. Inzwischen müssen sich die Personalabteilungen umstellen. Während es früher darum ging, aus viel zu vielen Bewerber*innen die passenden Kandidaten herauszufiltern, geht es es heute darum, Letztere überhaupt zu finden, was Recruiter teilweise verzweifeln bis sogar resignieren lässt.

Es geht in der Tat der Slogan „The great resignation“ in Personalbüros um, den aber die Medien als Bezeichnung für die Talentkrise am Jobmarkt erfunden haben. Heute konkurrieren nicht viele Bewerber*innen um einen Arbeitsplatz, sondern mehrere Unternehmen um ein Nachwuchstalent. Dieser Trend ist weltweit zu beobachten. Microsoft hat zu den Intentionen von Arbeitnehmer*innen im Jahr 2021 eine interessante Umfrage durchgeführt. Die Jobportale Monster und StepStone führten Anfang 2022 ähnliche Studien durch. Die Ergebnisse verblüffen:

  • Laut der Microsoft-Studie erwogen 41 % der Befragten, ihren derzeitigen Job zu kündigen.
  • Monster fand heraus, dass auf internationaler Ebene 95 % aller Arbeitnehmer*innen über einen Jobwechsel zumindest nachdenken.
  • Für Deutschland zeigte die StepStone-Studie, dass 27 % der Beschäftigten offen für eine andere Stelle sind.

Aus vollkommen unterschiedlichen Blickwinkeln kommen die Autoren der genannten Studien zum selben Resümee: Auf die zunehmende Wechselbereitschaft der Arbeitskräfte müssen die Unternehmen mit erhöhten Anstrengungen reagieren, qualifiziertes Personal zu rekrutieren und zu halten.

Trend 2: KI und Big Data im Recruiting

Künstliche Intelligenz und Big Data unterstützen zunehmend die Suche nach Talenten. Big Data ist nötig, um überhaupt ausreichend viele, umfangreiche Kandidatenprofile zu speichern und geordnet zu verwalten. Künstliche Intelligenz hilft beim Matching, gleicht also unter anderem die Anforderungen der Arbeitgeber mit den Wünschen der Kandidat*innen ab. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen wiederum, mithilfe von KI die Stellenanzeigen zu optimieren und eingehende Bewerbungen besser nach ihrer Brauchbarkeit zu sortieren.

Ein weiteres Spielfeld für KI-basierte Auswahlprozesse sind die Persönlichkeitstests, wie sie beispielsweise in Assessment-Centern, aber auch in vielen Einstellungsgesprächen durchgeführt werden. Diese sollen den Cultural & Team Fit von Bewerber*innen ermitteln. Datenbasierte Analysen zeigen außerdem auf, welche Netzwerke und Kanäle Jobsuchende eigentlich nutzen. Das unterscheidet sich zwischen einzelnen Branchen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Jobinserate deutlich gezielter und damit effektiver platzieren. Die Streuverluste sinken, damit sinken auch die Kosten.

Trend 3: Diversity plus Inklusion

Vier Mitarbeiter führen die Fäuste zusammen. Diversity wird gezeigt.

Diversity dürfte 2022 ein entscheidender Erfolgsfaktor beim Recruiting werden, weil Unternehmen mit großer Vielfalt und Gleichstellung auf Arbeitnehmer*innen deutlich attraktiver wirken. Dies belegt unter anderem eine Studie von StepStone. Demnach möchten 78 % der Beschäftigten in einem offenen, von Vielfalt geprägten Umfeld arbeiten. Diese erhöht die Perspektiven in den Teams, die dadurch erfolgreich arbeiten.

Von den Befragten der StepStone-Studie gaben 70,1 % an, dass sie Diversity Management für relevant in Bezug auf wirtschaftliche Erfolge von Unternehmen halten. Dazu gehört freilich auch Inklusion, also die Einstellung von Arbeitnehmer*innen mit Handicap. Auf die Offenheit eines Unternehmens weisen Stellenanzeigen hin, die ausdrücklich Kandidat*innen mit ausländischen Wurzeln, mit Handicap und jeglichen Geschlechts ansprechen. Das Gendern kann große Vorteile bringen. So lassen sich Jobtitel durchaus weiblich formulieren (HR-Business-Partnerin oder PR-Managerin).

Trend 4: Digitalisierung des Recruitings

Unsere Kommunikationsprozesse haben sich schon in den vergangenen zwei Jahrzehnten radikal digitalisiert. Die Coronapandemie mit ihrem Zwang zum Homeoffice beschleunigte diesen Prozess noch mehr. Inzwischen sind Videokonferenzen ein alltägliches Arbeitsmittel. Da liegt es nahe, dass auch Bewerbungsgespräche deutlich häufiger als früher per Videochat geführt werden. Das spart allen Beteiligten Zeit und den Bewerber*innen den Anfahrtsweg. Dieser Effekt führt wiederum dazu, dass Unternehmen eine Stelle ohne Probleme international ausschreiben können und damit ihren Bewerberpool schlagartig vervielfachen: Ausländische Kandidat*innen können sich schließlich per Videocall persönlich vorstellen.

Ebenso erleichtert Remote Hiring die Terminfindung und die Kommunikation der Auswertungen. Klassische Bewerbungsgespräche im Büro des Personalchefs dürften drastisch an Bedeutung verlieren. Freilich müssen für das digitale Recruiting sowohl die Unternehmen als auch die Bewerber technisch up to date sein.

Trend 5: Employer Branding authentisch gestalten

Der Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) erfolgte noch vor wenigen Jahren vorrangig mit schönen Werbeversprechen. Doch ein Unternehmen ist keine Schokolade, es gibt überall Probleme. Bewerber*innen wissen das natürlich und beschaffen sich alle interessierenden Informationen im Internet. Damit schauen sie binnen Minuten hinter die Kulisse einer noch so eleganten Außendarstellung: Es gibt Posts von ehemaligen Mitarbeitern und von Kunden, auch können kritische Pressebeiträge auftauchen. Dem muss das Unternehmen mit einem Reputationsmanagement entgegentreten, das falschen Darstellungen konsequent widerspricht, auf berechtigte Kritik aber angemessen reagiert – also nötigenfalls auch selbstkritisch („Es ist uns bewusst, wir arbeiten daran.“). Diese Art von Employer Branding wirkt authentisch und beschädigt das Unternehmen nicht, wenn es auf der anderen Seite eine Menge zu bieten hat.

Firmen hingegen, die nach außen hin einen makellosen Schein präsentieren, misstrauen viele Menschen. Authentisches Employer Branding erfordert etwas Mut, kann sich aber beim Recruiting sehr auszahlen. Die Verantwortlichen für das Reputationsmanagement sollten immer bedenken: Im Internet kommt ohnehin alles ans Licht. Viel schlimmer als ein zugegebener Fehler ist aber ein verschwiegener Fehler. Zudem bewerben sich bei einem ehrlichen Unternehmen nur diejenigen Kandidaten, die mit dem betreffenden Fehler wahrscheinlich leben können, wenn das Unternehmen ohnehin Besserung verspricht.

Trend 6: ethnische Werte vermitteln

Es hat sich schon über längere Zeit in den Unternehmen ein neues soziales Gewissen etabliert. Junge Talente suchen danach, Firmen sollten es anbieten und im Recruitingprozess auch kommunizieren. Dabei geht es darum, dass Mitarbeitende für eine gute Sache arbeiten, damit der Gesellschaft helfen und selbst respektvoll behandelt werden möchten. Die Bedeutung von „soften“ Faktoren für das Employer Branding hat allerdings seit der Coronapandemie noch zugenommen. Diese hat bei uns allen wohl die Sinne geschärft. Es sind folgende Faktoren:

  • Einhaltung ethischer Standards
  • Engagement für Inklusion und Vielfalt
  • Gleichberechtigung der Geschlechter
  • Unterstützung von Müttern und Vätern durch flexible Arbeitszeiten
  • Respekt untereinander
  • Sicherheit der Anstellung (kein willkürliches Heuern und Feuern)

Unternehmen sollten Werte leben und eine Vision haben. Führungskräfte und Personalchefs müssen diese gegenüber Mitarbeitern und Bewerbern vermitteln.

Trend 7: Garantie der Work-Life-Balance

Last, but not least wünschen sich Beschäftigte eine ausgewogene Work-Life-Balance. Diese schon in Stellenanzeigen zu kommunizieren zieht mehr Bewerber*innen an als das Versprechen eines überdurchschnittlichen Gehalts.

Fazit

Mit dem Wandel vom Arbeitgeber- zum Kandidatenmarkt müssen sich Firmen beim Recruiting neu aufstellen. Dies lässt sich mit guter Beratung realisieren.

Foto von Andrea Piacquadio von Pexels
Foto von fauxels von Pexels
Foto von Pixabay von Pexels

Der Wandel ist in vollem Gange.

Im Jahr 2022 ist der Kampf um gut ausgebildetes Personal härter als je zuvor. Nicht jeder Trend ist sinnvoll, aber auf kurz oder lang sollten Unternehmer*innen ihre Recruitingstrategie definitiv neu und der modernen Zeit angepasst ausrichten.